Der Grüne Giebel - FAQ

 

Das Experiment »Der Grüne Giebel« ist ein Teilprojekt des Reallabors »Zukunftsstadt Lüneburg 2030+«. Das Siegel »Der Grüne Giebel« bescheinigt Produkten, Dienstleistungen und Organisationen, ihren nicht vermeidbaren CO₂-Ausstoß durch lokale Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen zu haben. 

 
Die Kompensation soll über die Umwandlung von Holz aus lokalen Agroforst-Betrieben (eine Kombination von Bäumen mit Ackerbau und Tierhaltung) in Pflanzenkohle erfolgen. Ziel ist es, den lokalen Konsum weitgehend frei von Auswirkungen auf das globale Klima zu gestalten. »Der Grüne Giebel« ist im Januar 2022 in die 18-monatige Experimentphase gestartet.

 

CO₂-Emissionen von Personen, Unternehmen, Produkten oder ganzen Staaten können durch verschiedene Arten von Klimaschutzprojekten ausgeglichen werden. So finanziert z. B. die Klimaschutz-Organisation atmosfair in Ländern des globalen Südens den Umstieg von brennholzbetriebenen offenen Kochstellen auf energieeffiziente Öfen. Die durch diese Modernisierung eingesparte Menge CO₂ können sich Emittent:innen bei atmosfair als Kompensationsmaßnahme anrechnen lassen, indem sie anteilig in die dort gelisteten Klimaschutzprojekte investieren.

Andere Projekte zielen darauf ab, bereits emittiertes CO₂ direkt und aktiv wieder der Atmosphäre zu entziehen. Das kann z. B. durch das Pflanzen von Bäumen bewirkt werden (wie hier in der Region im LZ Blätterwald) oder indem man die im Holz gebundene Menge Kohlenstoff durch Umwandlung in Pflanzenkohle bindet. Diese Pflanzenkohle kann dann zu einer dauerhaften Kohlenstoffsenke werden, wenn sie in den Boden – egal ob großer Acker oder kleines Beet – eingebracht wird. Wie das funktioniert, erklärt der Abschnitt »Wie kann Pflanzenkohle zum Klimaschutz beitragen?«

CO₂-Emissionen zu kompensieren, trägt nur zum Klimaschutz bei, wenn es sich hierbei um nicht vermeidbare Emissionen handelt. Laut dem Umweltbundesamt (2018) kann durch ein klimabewusstes Handeln der eigene Fußabdruck von durchschnittlich 11,2t CO₂e* pro Person pro Jahr in Deutschland deutlich auf 4t CO₂e reduziert werden. Um das globale Klimaziel noch erreichen zu können, darf allerdings nur noch höchstens 1t CO₂e pro Jahr pro Person emittiert werden. Die restlichen CO₂-Emissionen können durch Kompensation neutralisiert werden (UBA 2018)

*CO₂e?

CO₂ ist das dominierende Treibhausgas, das den Klimawandel befeuert. CO₂ ist jedoch nicht das einzige Treibhausgas, das dazu beiträgt. Auch Lachgas oder Methan haben Einfluss auf das Klima. Um deren Wirkung berechnen zu können, wird es in die äquivalente Menge CO₂ umgerechnet, um nur eine Zahl angeben zu müssen.

Bäume pflanzen, um den eigenen CO₂-Fußabdruck zu kompensieren und das Klima zu retten? Das ist eine weitpropagierte und beliebte „Klimaschutzmaßnahme“. Das Problem bei Kompensation durch Aufforstung ist allerdings, dass kein dauerhafter Entzug des CO₂ gewährleistet werden kann. Bis die Bäume die tatsächliche Menge an kompensiertem CO₂ der Atmosphäre entzogen haben, sind sie vielleicht bereits gefällt, eingegangen oder verbrannt. Dadurch wird nichts für den Klimaschutz gewonnen. Außerdem kommt es bei Aufforstung im Globalen Süden immer wieder zu Landnutzungs- und Landrechtskonflikten mit der lokalen und indigenen Bevölkerung, die ihr Land durch Baumplantagen verlieren. Und hier in Deutschland ist es schwierig, noch geeignete Flächen für Aufforstung zu finden, die nicht sowieso bereits vom Forstmanagement für Nachpflanzung vorgesehen sind.

Für eine sinnvolle Kompensation ist es zwingend notwendig, dass es sich hierbei um eine zusätzliche Maßnahme handelt, um doppelte Anrechnung zu vermeiden. Dies würde nicht zu tatsächlichem Klimaschutz führen, sondern nur die Klimaschutzzahlen beschönigen. Mit Kompensationsmaßnahmen vor Ort ist eine bessere Überprüfbarkeit gewährleistet.
 
Außerdem gehen Kompensationsprojekte in Deutschland nicht auf Kosten des Globalen Südens. Dort missachten Klimaschutzmaßnahmen der reichen Industrienationen nicht selten die Landrechte und Territorien indigener Völker. Werden z. B. Aufforstungsprojekte auf Flächen durchgeführt, die bis dahin zur Nahrungsmittelproduktion genutzt werden, sind Konflikte die häufige (und logische) Folge, denn Klimaschutz geht so zulasten der lokalen Bevölkerung.

CO₂ -Emittent:innen (Unternehmen, Haushalte, Institutionen etc.) können ein Kompensationszertifikat für die ausgeglichene Menge an CO₂ erhalten. Auch eine freiwillige Einzahlung in den Pflanzenkohle-Fond ist möglich, mit der direkt in diese lokale Klimaschutzmaßnahme investiert wird.
 
 Landwirt:innen, Gärtner:innen etc. können den Kauf von Pflanzenkohle durch den Fond bezuschusst bekommen, um diese dann  zunächst zur Aufwertung von Kompost, Wirtschaftsdünger oder Stalleinstreu zu nutzen und das so veredelte Material schließlich in den Boden einzubringen. Dadurch wird dauerhaft CO₂ im Boden gebunden (C-Senke).
 
Für die Herstellung von Pflanzenkohle braucht es Holz. Dieses soll zunächst aus Agroforst-Systemen stammen, also von Bäumen, die auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wachsen. Durch Agroforst-Systeme verlieren Landwirt:innen nur wenig Ackerfläche. Während auf dem Acker selbst weiter Lebensmittel produziert werden können, wird auf den regelmäßig abholzten und wieder nachwachsenden, schmalen Agroforst-Streifen ständig CO₂ aus der Luft gebunden.

Das Projekt »Der Grüne Giebel« befindet sich noch in der Vorbereitungsphase. Zunächst soll die Infrastruktur für die Herstellung von Pflanzenkohle, der Pflanzenkohle-Fond sowie die Vergabe der CO₂-Zertifikate aufgebaut werden. Außerdem soll noch berechnet werden, wie viel ein solches CO₂-Zertifikat tatsächlich kosten muss.

Sobald die Infrastruktur für die CO₂-Kompensation mit Pflanzenkohle steht, kannst du deinen CO₂-Fußabdruck durch Einzahlungen in den Pflanzenkohle-Fond ausgleichen.

Die exakten Kosten bei der Herstellung und Einlagerung der Pflanzenkohle müssen erst noch berechnet werden. Im Durchschnitt kostet die Kompensation einer Tonne CO₂ durch lokale (DE) Maßnahmen je nach Projekt zwischen 35 -100€. Da das Verfahren über Agroforst-Systeme und Pyrolyse des Holzes zu Pflanzenkohle im Vergleich zu anderen Kompensationslösungen sehr aufwändig ist, werden die Kosten für diese lokale Lösung deutlich höher liegen. Insgesamt verspricht das Verfahren aber eine aktive und dauerhafte CO₂-Bindung, die weitere positive Effekte, wie Humusaufbau, erhöhte Resilienz des Bodens und verbessertes Mikroklima auf dem Acker. Hierdurch relativieren sich die Kosten wieder etwas. 

Durch die Herstellung von Pflanzenkohle mittels Pyrolyse, das heißt unter hohen Temperaturen und unter Luftabschluss, kann der in der Pflanze gespeicherte Kohlenstoff dauerhaft in der Pflanzenkohle gebunden werden. Anders als bei der Verrottung von Pflanzen, bei der das CO₂ wieder in die Atmosphäre freigesetzt wird, kann durch Pflanzenkohle das CO₂ der Atmosphäre dauerhaft entzogen werden und reduziert dadurch den globalen Treibhauseffekt. Anhand des CO₂ -Gehalts in der Pflanzenkohle kann seriös bilanziert werden, wie viel CO₂ tatsächlich aus der Atmosphäre gezogen wird. Dadurch wird vermieden, dass fehlerhaft kompensiert und somit dem Klima mehr geschadet als genützt wird. Pflanzenkohle selbst ist keine CO₂-Senke. Erst wenn die Pflanzenkohle in den Boden gemischt wird, wird sie zu einer Kohlenstoffsenke, denn dann ist es unmöglich, dass sie noch verbrannt wird o.ä., d.h. der gebundene Kohlenstoff bleibt dauerhaft gebunden.

 

Pflanzenkohle kann nicht nur das CO₂ aus der Atmosphäre ziehen, sondern wird auch im Garten und Landwirtschaft zur Bodenverbesserung eingesetzt. Wird Pflanzenkohle zusammen mit Kompost in den Boden eingetragen, fördert sie Mikroorganismen, verbessert die Bodenfruchtbarkeit und lockert den Boden auf. Außerdem hat Pflanzenkohle als sogenannte „Tierfutterkohle“ das Potenzial die Gesundheit der Tiere zu steigern.

 

Hast du einen Garten, Acker oder Grünfläche zu Verfügung und möchtest dich an dem Projekt beteiligen? Dann bekommst du vom Grünen Giebel Unterstützung beim Eintragen der Pflanzenkohle in den Boden. Die Pflanzenkohle bekommst du subventioniert mithilfe des Pflanzenkohle-Fonds, in den die CO₂-Emittent*innen für die Kompensation einzahlen.

 

        Lüneburger Unternehmen (z. B. Einzelhandel, Tourismus und Gastronomie) und Institutionen als Kooperationspartner:innen für die Einführung CO₂-neutraler Produkte

        Lüneburger:innen, die klimaneutrale Produkte nachfragen oder direkt in lokale Klimaschutzmaßnahmen investieren möchten

        Landwirt:innen: Anlage und Erprobung von Agroforstsystemen, Pyrolyseanlagen und Pflanzenkohleeinsatz zur Schaffung von CO₂-Senken

        Menschen mit selbst bewirtschafteten Gartenflächen, die pyrolysierte Gehölzschnitte z. B. zur Herstellung von Terra Preta nutzen und im Garten einsetzen möchten

        Institutionen und Unternehmen, die einen Kooperationspartner für Kompensationsangebote suchen

        Institutionen und Unternehmen, die selbst nach regionalen Kompensationsangeboten suchen

         Menschen, Unternehmen und Institutionen, die die Durchführung und Ausgestaltung des Experiments unterstützen möchte